WEKO – Beschwerden zum Tessiner Gewerbegesetz (LIA) gutgeheissen

Bern, 06.03.2018 - Das Verwaltungsgericht des Kantons Tessin hat die Beschwerden der Wettbewerbskommission (WEKO) betreffend das Tessiner Gesetz über die Gewerbebetriebe (Legge sulle imprese artigianali, LIA) gutgeheissen. Damit wird der Marktzugang im Tessin für Gewerbebetriebe aus anderen Kantonen gestützt auf das Bundesgesetz über den Binnenmarkt unabhängig von der LIA gewährleistet.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Tessin hat mit zwei Urteilen vom 27. Februar 2018 die Beschwerden der WEKO zur LIA-Eintragung gutgeheissen. Die Urteile stellen fest, dass die Anforderungen der LIA für ausserkantonale Unternehmen gegen das Bundesgesetz über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) verstossen. Die WEKO hat in Präzedenzfällen Beschwerden erhoben, die Gewerbebetriebe aus der Zentralschweiz betreffen.

Die LIA sieht eine aufwändige Registrierung von Gewerbebetrieben vor, bevor diese tätig werden können. Für eine Registrierung müssen eine Vielzahl von Dokumenten eingereicht und Nachweise erbracht werden (u.a. Auszüge Handelsregister, Strafregister, Betreibungsregister, Versicherungsnachweise sowie Bescheinigungen über Diplome, Studientitel und Referenzen). Das Binnenmarktgesetz sieht als Grundsatz vor, dass eine am Herkunftsort rechtmässig praktizierte Erwerbstätigkeit auch in einem anderen Kanton ausgeübt werden kann. Das Verwaltungsgericht erachtet die Anforderungen der LIA als Beschränkungen des freien Zugangs zum Markt.

Das Verwaltungsgericht hat weiter geprüft, ob diese Marktzugangsbeschränkungen nach dem BGBM aus überwiegenden öffentlichen Interessen gerechtfertigt werden können. Das Verwaltungsgericht hat nach Prüfung von Kriterien wie Arbeitsqualität und Schutz der Arbeitnehmer das Vorliegen von solchen überwiegenden öffentlichen Interessen verneint. Zudem widersprechen nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts die Anforderungen in der LIA den binnenmarktrechtlichen Vorgaben für ein einfaches, rasches und kostenloses Verfahren. Das Verwaltungsgericht ist damit der Argumentation der WEKO in ihren Beschwerden gefolgt.

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts kann innerhalb von 30 Tagen Beschwerde an das Bundesgericht erhoben werden. Nach Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts können sich Gewerbebetriebe aus anderen Kantonen direkt auf dieses Urteil berufen. Nach Beurteilung der WEKO und nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts widerspricht die nach der LIA vorgesehene Eintragung für Betriebe aus anderen Kantonen dem Binnenmarktgesetz und ist bundesrechtswidrig.

Die WEKO ist neben der Einhaltung des Kartellgesetzes auch zuständig für die Überwachung des Binnenmarktgesetzes. Die WEKO kann gemäss Binnenmarktgesetz Beschwerde führen, um feststellen zu lassen, ob eine Verfügung den interkantonalen Marktzugang unzulässig beschränkt. Das Binnenmarktgesetz gewährleistet den freien interkantonalen Wirtschaftsverkehr.


Adresse für Rückfragen

Prof. Dr. Andreas Heinemann
Präsident
078 842 96 01
andreas.heinemann@weko.admin.ch

Dr. Rafael Corazza
Direktor
058 462 20 41
079 652 49 57
rafael.corazza@weko.admin.ch

Stefan Renfer
Leiter Binnenmarkt
058 469 28 55
stefan.renfer@weko.admin.ch



Herausgeber

Wettbewerbskommission
http://www.weko.admin.ch/

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-70006.html