Die Milchproduktion vor den Herausforderungen des Klimawandels

Changins, 15.06.2017 - Neben einem liberalisierten Markt und sinkenden Preisen sehen sich Milchviehbetriebe, aber auch Aufzuchtbetriebe, mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert: knappere Futtermittel infolge des Klimawandels. Eine von Agroscope am Jurafuss durchgeführte Studie hat ergeben, dass die meisten Betriebe die Grasbewirtschaftung noch optimieren können.

In der Schweiz sind die Temperaturen in den letzten 150 Jahren um rund 1,7 °C gestiegen, und die Vegetationsperiode dauert tendenziell länger. In der Rinderhaltung hat die Trockenheit alarmierende Folgen für die Futterproduktion, insbesondere im Jura, wo die durchlässigen Böden empfindlich auf einen Wassermangel reagieren. Modellrechnungen weisen darauf hin, dass sich die mediterrane Klimazone langsam von Südfrankreich entlang der Rhone gegen Norden ausdehnt und in einigen Jahrzehnten bis Lyon reichen dürfte. In den drei Jahren des Projekts kam es in der Region am Waadtländer Jurafuss zweimal zu einer Trockenperiode. Die Dürre im Sommer 2015 verursachte auf den Graslandflächen Einbussen bei der Jahresernte in der Grössenordnung von 20 bis 40%. 

Geringere Produktionskosten für Milch

Im aktuellen Umfeld mit Milch- und Fleischpreisen, die nur knapp die Produktionskosten decken, braucht es Alternativen zum Kauf und Import von Futtermitteln. Optimierungspotenzial bietet insbesondere die Grasverwertung im Frühling. Die Betriebe lassen sich wohl am ehesten mit einem wirtschaftlichen Ansatz über die Futterkosten vom Potenzial von Weiden überzeugen. Mit einer Fläche von 30 Aren pro Kuh – einem halben Fussballfeld – ist es möglich, eine Herde im Sommer drei bis vier Monate lang ausschliesslich mit Weiden zu ernähren und es lassen sich gemäss Modellberechnungen Einsparungen von 5 bis 10 Rp. pro Liter Milch erzielen. Wenn das Potenzial von Weiden vermehrt ausgeschöpft werden soll, müssen Berater und Praktiker geschult und bessere Prognosen für das Graswachstum erstellt werden. Zu prüfen sind weitere Ansätze zur Anpassung, auf regionaler Ebene beispielsweise die Vernetzung von Produktionsbetrieben in Form von Interessengruppen oder Futter-Tauschbörsen.

Viehbestand am Jurafuss im Allgemeinen zu hoch

Die Evaluation des natürlichen Potenzials der Weiden am Jurafuss weist eindeutig darauf hin, dass ein Viehbestand von über 1,2 GVE/ha Weideland im Allgemeinen zu hoch ist. Deshalb sind zwei Lösungen in Betracht zu ziehen: Eine Reduktion der Zahl oder Art der Tiere oder aber eine Ausdehnung der für Futter genutzten Fläche. In diesem Sinne kann eine Zusammenarbeit mit Ackerbaubetrieben dazu beitragen, Angebot und Nachfrage von Futter besser in Einklang zu bringen. Eine Ausdehnung von Kunstwiesen, die reich an Leguminosen sind, würde zum Erhalt einer nachhaltigen Landwirtschaft beitragen. Die Anpassung der Futterproduktion an den Klimawandel sollte somit durch verschiedene Ansätze erfolgen. Die Grundlage dazu bilden sowohl neue Referenzen (agroklimatisches Modell, dürreresistente Arten) als auch eine gemeinsame Nutzung der Ressourcen innerhalb der Region.

Gemäss CO2-Gesetz ist der Bund dafür zuständig, Anpassungsmassnahmen zu koordinieren und die notwendigen Grundlagen zu erarbeiten. Die vom Bundesrat im März 2012 verabschiedete Klimaadaptionsstrategie bildet den geeigneten Rahmen zur Bewältigung dieser neuen Herausforderungen. Die Anpassung an den Klimawandel ist für die Kantone, Regionen und Gemeinden ein neues Thema.

Vom Bundesamt für Landwirtschaft unterstütztes Forschungsprojekt

Der Bericht «Vorbereitung der Futterproduktion auf den Klimawandel» stützt sich auf Massnahmen und Studien, die von 2014 bis 2016 durchgeführt wurden und kommt zu einem Zeitpunkt, in dem der Klimawandel und insbesondere die Trockenheit auf dem Land ein grosses Thema sind. Das vom Bundesamt für Landwirtschaft unterstützte Projekt wurde im Kanton Waadt realisiert, in enger Zusammenarbeit mit dem Netzwerk für Milchbetriebe «Progrès-herbe». Die von Agroscope durchgeführten Studien wurden von ProConseil und vom Kanton Waadt unterstützt. 

--------------------------------------------------------------------------------------------------------- 

Umgang mit Wetterkapriolen im Futterbau 

Was ist zu erwarten?

  • Wetterschwankungen sind normal und treten jedes Jahr auf. Jährliche Wiesenerträge schwanken regelmässig um ±20 bis 30%.
  • Langfristig ist mit steigenden Temperaturen (um 1 bis 3 °C bis 2050) und zunehmenden Extremereignissen zu rechnen. Ab 2050 ist eine leichte Abnahme der Niederschlagsmengen im Sommer (um 5 bis 15%) ebenfalls wahrscheinlich.
  • Die höhere Verdunstung führt in Sommer vermehrt zu Trockenheit, mit regionalen Unterschieden. Dies mindert den Ertrag, erleichtert aber die Futterkonservierung.
  • Die Vegetationsperiode wird länger. Zusätzlich begünstigt eine höhere CO2-Konzentration das Pflanzenwachstum.

Was können die Bäuerinnen und Bauern tun?

  • Schnitttermine und Weideumtrieb sorgfältig planen und dokumentieren. So kann vorausschauend auf das Wetter reagiert und langfristig der Viehbestand angepasst werden.
  • Reserven an Grundfutter und Weidefläche halten. Futterlagerung kostet zwar, erspart aber Futterzukäufe, welche in Extremjahren besonders teuer sind.
  • Frühlings- und Herbstgras optimal nutzen. Seine Bedeutung wird durch die längere Vegetationsperiode zunehmen. Ein früher Weidebeginn nutzt die Winterfeuchte und schont die Futterreserven.
  • Eine hohe Qualität des Grundfutters anstreben, damit es im Sommer einfacher zugefüttert werden kann.
  • Bei Trockenheit mit Nutzung und Düngung warten bis das Gras wieder grün ist.
  • Zwischen Berg- und Talbetrieben zusammenarbeiten, da beide von Trockenheit und Nässe unterschiedlich betroffen sind.
  • Die Futterproduktion diversifizieren und Mischungen mit trockenheitsresistenten Klee- und Grasarten ansäen und angepasst bewirtschaften. Es ist selten sinnvoll, mehr als ein Viertel der Ansaatflächen auf die Trockenheit auszurichten, da es auch in Zukunft nasse wie trockene Jahre geben kann.

Quelle: www.AGFF.ch


Adresse für Rückfragen

Eric Mosimann
Verantwortlicher Forschungsgruppe Weidesysteme
Route de Duillier 50, 1260 Nyon, Schweiz
eric.mosimann@agroscope.admin.ch
+41 58 460 47 36

Christine Caron-Wickli
Mediendienst
Schwarzenburgstrasse 161, 3003 Bern, Schweiz
christine.caron-wickli@agroscope.admin.ch
+41 58 466 72 42

www.agroscope.ch | gutes Essen, gesunde Umwelt



Herausgeber

AGROSCOPE
http://www.agroscope.admin.ch

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-67044.html