Wer Frieden will, braucht eine einsatzfähige Armee oder Was wir aus unserer Geschichte lernen können

Bern, 04.05.2014 - Rede von Bundesrat Ueli Maurer anlässlich des 60. General-Weber-Erinnerungsschiessens vom 4. Mai 2014 in Brüttelen BE

Es gilt das gesprochene Wort 

 

Weltfremde Friedensträumer sind kein neues Phänomen: Sie verantworten die letzte fremde Besetzung und wollen jetzt den Gripen und damit eine zeitgemässe Bewaffnung unserer Armee verhindern.

Es lohnt sich darum ein Blick zurück auf die Zeit von Johann Weber, auf den französischen Einmarsch im Jahr 1798. Damals hatte die Schweiz keine einsatzfähige Armee, weil viele einen Krieg nicht für möglich hielten - Die Folgen waren für das ganze Land fatal:


1. Lange Friedenszeit

Nach der französischen Revolution nimmt die militärische Bedrohung für die Schweiz zu. Aber man will das nicht wahrnehmen; man hat eine so lange Friedenszeit erleben dürfen, dass man sich einen Krieg schlicht nicht vorstellen kann: Der letzte bewaffnete Konflikt in der Schweiz war der Zweite Villmergerkrieg von 1712. Das liegt am Ende des 18. Jahrhunderts drei Generationen zurück, ist also noch weiter weg als für uns der Aktivdienst im Zweiten Weltkrieg.

Ähnlich wie heute glaubt man an den Frieden und spart das Geld bei der Armee. Das Militärwesen ist folglich stark vernachlässigt und von der Bewaffnung her überhaupt nicht mehr auf der Höhe der Zeit. 


2. Verhängnisvolle Politik der Friedenspartei

In der Schweiz streiten sich damals zwei Meinungsrichtungen, wie man sich gegenüber dem immer offensiveren revolutionären Frankreich verhalten soll: Die einen setzen auf Selbstbestimmung und Verteidigung. Sie wollen die Armee aufrüsten und modernisieren. Dagegen setzt die sogenannte Friedenspartei auf Diplomatie und Zugeständnisse. Sie will die Ausgaben für die Landesverteidigung lieber sparen.

Der historisch wohl berühmteste Vertreter der Friedenspartei ist der Basler Peter Ochs. Später ging er als Landesverräter in die Geschichte ein (seine Nachkommen wechselten sogar aus Scham den Familiennamen), aber damals hatte er in der Schweiz grosses politisches Gewicht.

Der Untergang des alten Bern ist beispielhaft für die Folgen einer falschen und fatalen Friedenspolitik.

Auch in Bern gibt es diese beiden politischen Strömungen: Das Lager der Selbstbehauptung um Schultheiss Niklaus Friedrich von Steiger und die sogenannte Friedenspartei unter anderem um Seckelmeister Karl Albrecht von Frisching.

In der Berner Regierung gibt diese sogenannte Friedenspartei den Ton an, also jene, die für ein Nachgeben bis zum Letzten sind. Sie hoffen, so die Franzosen befriedigen zu können.

Die Franzosen mischen geschickt Drohungen und Forderungen mit versöhnlichen Bekenntnissen zu guter Nachbarschaft, Harmonie und Freundschaft. Viele glauben bis zuletzt an die Friedensversprechen der Franzosen. Obschon sie immer näher an Bern heranrücken: Sie nehmen zuerst Genf ein, dann Biel, die Waadt, Solothurn.


3. Veraltete Waffen

Schliesslich kommt es am 5. März 1798 bei Fraubrunnen, am Grauholz und bei Neuenegg doch noch zur Schlacht. Schlecht bewaffnete Berner Truppen treten gegen einen modern ausgerüsteten Gegner an.

Berner Truppen unter Johann Weber siegen sogar bei Neuenegg. Aber zu diesem Zeitpunkt hat der Friedenspolitiker Frisching in Bern bereits (hinter dem Rücken der kämpfenden Soldaten und der Bevölkerung!) kapituliert.

Dass Wehrwille vorhanden gewesen wäre, ist historisch belegt: Der Zürcher Hans Conrad Wyss meldet aus Bern, immer wieder seien Gruppen von Soldaten vors Rathaus gezogen: „Sie wollten Waffen, Munition und dass man ihnen Offiziere gebe".

Auch Frauen schliessen sich freiwillig den ausrückenden Verbänden an: Das erregt damals weltweites Aufsehen: Sogar im britischen Parlament, im amerikanischen Kongress und in der amerikanischen Presse wird diskutiert, wie sich Bernerinnen mit Sensen und Heugabeln verzweifelt dem Feind entgegenstellten. 


4. Konsequenzen

Die Schweiz wird erobert. Die Franzosen plündern den Staatsschatz von Zürich und von Bern und auferlegen auch andern Kantonen harte Zahlungspflichten. Damit finanziert sich Napoleon seinen Ägyptenfeldzug. Ironischerweise also mit dem Geld, das man in der Schweiz nicht für ein modernes Wehrwesen hatte ausgeben wollen, führen dann die Besetzer neue Feldzüge.

Am Schluss hat die Schweiz alles verloren: Die Freiheit, das Geld - und auch den Frieden: Die Schweiz wird zum Spielball der Grossmächte. Diese tragen ihren Krieg auf unserem Boden aus und plündern das Land.

Später zwangsrekrutieren die Franzosen junge Schweizer, die von Spanien bis Russland für Napoleons Grössenwahn sterben müssen.


5. Die Lehren aus der Geschichte:

  • In langen Friedenszeiten kann man sich Krieg nicht vorstellen. Das war 1798 so, das war vor dem Ersten Weltkrieg so und das ist heute so.
  • Es gibt immer Kräfte, die gegen die Selbstbestimmung und Selbstverteidigung sind. Damals waren es die Anpasser und Friedenspolitiker wie Frisching und Ochs. In den 20er- und 30er-Jahren waren es die Sozialdemokraten, die unsere Landesverteidigung bis 1935 nicht mehr mittrugen - also erst wieder halbwegs zur Armee standen, als Hitler schon zwei Jahre an der Macht war! Heute sind es jene, die für unsere Armee keinen zeitgemässen Luftschirm wollen.
  • Mit veralteten Waffen kann man das Land nicht verteidigen. Auch grösste Tapferkeit kann dann das Land nicht mehr retten. Daran hat sich nichts geändert: Wer seinen Soldaten nicht moderne Waffen gibt, handelt verantwortungslos und verantwortet im Ernstfall den Tod der eigenen Leute. Wer nicht in die Armee investiert, der bezahlt mit Blut und dem Verlust der Freiheit.

Daran sollten wir denken, wenn wir am 18. Mai darüber abstimmen, ob wir weiterhin eine einsatzfähige Armee mit einer einsatzfähigen Luftwaffe wollen.


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