Fregattenaffäre: Schweizer Rechtshilfe für chinesisches Taipei

Bern, 27.10.2005 - Der Bundesrat verneint, dass wesentliche Interessen der Schweiz verletzt werden, wenn unser Land dem chinesischen Taipei, Frankreich und dem Fürstentum Liechtenstein Rechtshilfe gewährt. Es ist ganz im Gegenteil im ureigensten Interesse der Schweiz, dass ihr Finanzplatz nicht zu kriminellen Zwecken missbraucht wird und sie deshalb mithilft, mehr Transparenz in die Handelsgeschäfte auf wichtigen Finanzplätzen zu bringen.

Hintergrund

Der Abschluss eines Vertrags zwischen dem chinesischen Taipei und einer staatlichen französischen Gesellschaft im Jahre 1991, der den Verkauf von Fregatten zum Gegenstand hatte, löste in der Schweiz, in Frankreich, im Fürstentum Liechtenstein sowie im chinesischen Taipei Strafverfahren aus, die im Besonderen auf Geldwäscherei, mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften, Urkundenfälschung, Totschlag und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation lauteten. In den Jahren 2001 und 2002 stellten Frankreich, Liechtenstein und die Taiwanesischen Behörden der Schweiz ein Rechtshilfeersuchen. Der eidgenössiche Untersuchungsrichter ordnete daraufhin die Beschlagnahme gesperrter Konten in Höhe von fast 495 Millionen US-Dollar an und willigte mit Verfügung vom 28. November 2003 in die Weitergabe von Bankdokumenten an Frankreich, das Fürstentum Liechtenstein und das chinesische Taipei ein. Andrew Wang, der als Hauptverdächtiger in dieser Angelegeheit gilt, gelangte mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht. Darin beantragte er die Aufhebung der Verfügung. Gleichzeitig forderte er vom EJPD, es solle feststellen, dass die Gewährung der Rechtshilfe wesentliche Interessen der Schweiz beeinträchtige. Das EJPD lehnte das Gesuch ab. Dagegen führte Herr Wang Verwaltungsbeschwerde beim Bundesrat.

Das Bundesgericht wies mit Entscheiden vom 3. Mai 2004, 19. April und 20. September 2005 die Verwaltungsgerichtsbeschwerden von Herrn Wang ab und hiess die Gewährung der Rechtshilfe gut.

Der Bundesrat verneinte mit Beschluss vom 26. Oktober 2005 jegliche Verletzung  von wesentlichen Interessen der Schweiz und wies die Verwaltungsbeschwerde von Herrn Wang ab. In Anbetracht der Tatsache, dass drei Staaten (darunter die Schweiz) sowie die Taiwanesischen Behörden aufgrund eines komplexen Sachverhalts, der sich vor dem Hintergrund schwerwiegender internationaler Korruption abspielt, Strafverfahren eröffnet haben, darf unser Land nach Meinung des Bundesrats nicht abseits stehen und seine Mitwirkung an den laufenden Ermittlungen verweigern. Es ist im Gegenteil im ureigensten Interesse der Schweiz, dass ihr Finanzplatz nicht zu kriminellen Zwecken missbraucht wird und sie deshalb mithilft, mehr Transparenz in die Handelsgeschäfte auf wichtigen Finanzplätzen zu bringen.

Keine Anerkennung der Insel Taiwan durch die Schweiz

Der Gebrauch des Rechtsinstruments Rechtshilfe beschränkt sich nicht auf Staaten. Nach inländischem Recht kann die Schweiz auch nicht-staatlichen Organisationen Rechtshilfe gewähren, vorausgesetzt, diese  sind verfügungsbefugt und in der Lage, sämtliche gesetzlichen Bedingungen zu erfüllen. Für die Insel Taiwan trifft dies zu, da ihre Behörden auf dem Territorium der Insel die gerichtliche Zuständigkeit ausüben und sie gegenüber der Bevölkerung in der Lage sind, das Recht durchzusetzen.

Zudem besagt das Völkerrecht, dass ein Staat auch einer nicht-staatlichen Organisation Rechtshilfe gewähren kann, ohne dass dies deren stillschweigende Anerkennung als Staat nach sich zieht, vorausgesetzt, der rechtshilfegewährende Staat drückt seinen Willen der Nichtanerkennung explizit aus. Nach Auffassung des Bundesrats ändert die Gewährung der Rechtshilfe an die Insel Taiwan nichts daran, dass die Schweiz ihre Ein-China-Politik fortsetzt, an der sie seit 1950 konsequent festhält. In diesem Sinne anerkennt sie einzig die Volksrepublik China als Vertreterin des chinesischen Staates.


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