Für naturnahe Gewässer: Geändertes Gewässerschutzgesetz ab Januar in Kraft

Bern, 24.09.2010 - Der Bundesrat setzt das geänderte Gewässerschutzgesetz per 1. Januar 2011 in Kraft. Es legt fest, dass Fliessgewässer und Seen in der Schweiz naturnaher werden müssen.

Das revidierte Gewässerschutzgesetz ist eine der wichtigsten Etappen im Gewässerschutz der Schweiz. Gegenwärtig sind im Mittelland rund 40 Prozent der Fliessgewässer verbaut, im Siedlungsgebiet gar über 80 Prozent. In mehr als 90 Prozent aller nutzbaren Gewässer wird Energie gewonnen. Gewässer brauchen wieder mehr Raum, damit sie ihre natürlichen Funktionen ausüben können. Die Änderungen im Gewässerschutzgesetz sind eine wichtige Vorraussetzung dafür, dass Fliessgewässer und Seeufer in der Schweiz wieder naturnaher werden und als artenreiche Lebensräume ihren Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten können. Zudem wird ihr Nutzen für die Bevölkerung als Naherholungsgebiet und für den Tourismus gesteigert.

Die Änderungen wurden als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Lebendiges Wasser" vom Parlament im Dezember 2009 beschlossen. Daraufhin wurde die Volksinitiative zurückgezogen. Der Bundesrat hat am 24. September 2010 beschlossen das angepasste Gewässerschutzgesetz per 1. Januar 2011 in Kraft zu setzen.

Fliessgewässer und Seeufer wieder naturnaher

Die neuen Bestimmungen, welche das Parlament verabschiedet hat sehen folgendes vor:

  • Gewässerraum: Die Kantone werden verpflichtet, den Raum festzulegen und zu sichern, welcher notwendig ist, um die natürlichen Funktionen der Gewässer und den Hochwasserschutz zu gewährleisten. Das Gesetz bestimmt, dass der Gewässerraum höchstens extensiv bewirtschaftet werden darf. Die genutzten Flächen im Gewässerraum gelten für Landwirte als ökologische Ausgleichsflächen. Für die Bewirtschafter dieser Flächen stehen 20 Millionen Franken pro Jahr als Abgeltung für ihre Leistungen bereit.
  • Revitalisierungen: Die Kantone sind neu zur strategischen Planung und zur Umsetzung von Revitalisierungen verpflichtet. Dadurch werden naturnahe Fliessgewässer und Seeufer langfristig erhalten und wiederhergestellt. Die Revitalisierungen und ihre Planung werden vom Bund mit 40 Millionen Franken pro Jahr mitfinanziert.
  • Reduktion der negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung: Die Kantone werden verpflichtet, die Beeinträchtigungen durch Schwall und Sunk (siehe Kasten 2) zu beseitigen und notwendige Sanierungsmassnahmen zu planen. Es sind nur bauliche Massnahmen (z. Bsp. Ausgleichsbecken) zur Umsetzung vorgesehen, welche die Stromproduktion im Vergleich zu betrieblichen Massnahmen, nicht beeinträchtigen. Zudem müssen Beeinträchtigungen des Geschiebehaushalts behoben werden. Die Kosten dieser Massnahmen, ebenso wie zur Wiederherstellung der Fischgängigkeit nach Fischereigesetz, werden durch einen Zuschlag von max. 0,1 Rappen pro Kilowattstunde auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze finanziert.

Änderung der Gewässerschutzverordnung in Arbeit

Das UVEK arbeitet zur Zeit die entsprechenden Änderungen in der Gewässerschutzverordnung aus. Diese Verordnung greift die im Dezember 2009 vom Parlament beschlossenen Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes auf und präzisiert sie (siehe Kasten 1). Die Anhörung dieser Verordnung wird zur Zeit ausgewertet. Der Bundesrat wird in den nächsten Monaten über die definitiven Bestimmungen entscheiden.

 

KASTEN 1
Die Gewässerschutzverordnung im Detail

Die Gewässerschutzverordnung nimmt die Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes auf und präzisiert sie. Die Verordnung sieht folgendes vor:

  • Gewässerraum: Die Verordnung präzisiert die jeweils erforderliche Breite des Gewässerraums welche nötig ist, um die vom Gesetz geforderten natürlichen Funktionen der Gewässer, den Schutz vor Hochwasser und die Gewässernutzung zu gewährleisten. Sie führt aus, was unter extensiver Bewirtschaftung zu verstehen ist. Der Gewässerraum muss innert 5 Jahren festgelegt werden.
  • Revitalisierungen: Die Verordnung beschreibt das Vorgehen bei der konzeptionellen Revitalisierungsplanung, welche sicherstellt, dass zunächst dort revitalisiert wird, wo die Wirkung am grössten ist.
  • Reduktion der negativen Auswirkungen der Wasserkraftnutzung: Bezüglich Schwall/Sunk und Geschiebe präzisiert die Verordnung, welche Beeinträchtigungen als wesentlich gelten und bei welchen Anlagen Massnahmen zu prüfen sind. Zudem beschreibt die Verordnung das Vorgehen bei der Planung und Umsetzung von Massnahmen. Die entsprechenden Anforderungen bezüglich Wiederherstellung freier Fischwanderung sind in einer Anpassung der Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei präzisiert.

 

KASTEN 2
Auswirkungen von Schwall und Sunk

Die Abflüsse unterhalb von Speicherkraftwerken können stark schwanken. Wenn viel Strom benötigt - und so mehr Wasser turbiniert wird, entsteht ein Schwall. Der Begriff Sunk steht für die Niedrigwasserphase, die zwischen den Schwällen in Zeiten mit geringem Strombedarf auftritt, also meist in der Nacht und am Wochenende. Der Maximalabfluss (Schwall) kann bis zu 40 mal grösser sein als der Minimalabfluss (Sunk). Dies hat unter anderem negative Auswirkungen auf die Wassertiere: bei Schwall werden sie abgeschwemmt und bei Sunk stranden sie. Rund 25 Prozent der mittleren bis grossen Wasserkraftwerke, d.h. schätzungsweise 100 Wasserkraftwerke, weisen einen Schwallbetrieb auf.

Mit der Gesetzesänderung sollen stark schwankende Pegelstände verhindert werden, damit die heimische Flora und Fauna in und am Wasser unbeeinträchtigt leben kann. 


Adresse für Rückfragen

Stephan Müller, Leiter der Abteilung Wasser, BAFU, Tel. 079 596 13 65



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