Wir leben in einer gefährlichen und volatilen Übergangszeit

Bern, 26.06.2024 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 26. Juni 2024 den jährlichen Bericht zur Beurteilung der Bedrohungslage gemäss Artikel 70 Nachrichtendienstgesetz (NDG) gutgeheissen. Darin hält er insbesondere fest, dass in Bezug auf die strategische Lage angesichts des stark polarisierten Umfelds mit wachsendem politischem und wirtschaftlichem Druck auf die Schweiz zu rechnen ist. Im Bereich Terrorismus haben die Anfang 2024 vom «Islamischen Staat» international lancierte Propagandakampagne und mehrere medienwirksame Anschläge eine neue Dynamik in der dschihadistischen Bewegung entfaltet. Diese Propaganda hat die Entstehung von Netzwerken von Sympathisantinnen und Sympathisanten in der Schweiz begünstigt, verstärkt bei jungen Erwachsenen oder sogar Minderjährigen.

Der jährliche Bericht des Bundesrates zur Beurteilung der Bedrohungslage bezieht sich zum einen auf die sicherheitspolitisch bedeutsamen Vorgänge im Ausland und zum anderen auf die im Nachrichtendienstgesetz (NDG) genannten Bedrohungen.

Der Bundesrat stellt fest, dass die Schweiz zwar immer noch relativ sicher ist, aber angesichts des stark polarisierten Umfelds mit Multikrisen und mit Waffengewalt ausgetragenen Konflikten in Europa und an Europas Peripherie deutlich weniger als vor 2022. So ist mit der russischen Aggression gegen die Ukraine der konventionelle Krieg nach Europa zurückgekehrt. Russland wird auf lange Zeit der bestimmende Unsicherheitsfaktor in Europa bleiben und dies in einem Umfeld, in dem die Vision einer von den USA und der Nato unabhängigen und strategisch autonomen EU auf absehbare Zeit unerreichbar bleibt. Der Kriegsschauplatz im Nahen Osten umfasst neben Gaza auch die Seewege um Jemen. Die Wahrscheinlichkeit einer militärischen Eskalation zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah steigt. Zudem kam es erstmals zu einem direkten militärischen Schlagabtausch zwischen Israel und dem Iran.

Wir leben in einer gefährlichen und volatilen Übergangszeit. Allgemein verbindliche globale Ordnungsprinzipien erodieren. Auch angesichts des Trends zur bipolaren Sphärenbildung ist mit wachsendem politischem und wirtschaftlichem Druck auf die Schweiz zu rechnen. Gemäss dem Bundesrat dürften in der Konsequenz vermehrt Solidaritätsbeiträge und politische Positionierungen von der Schweiz gefordert werden.

Die Bedrohungen im Einzelnen

Was die im NDG genannten Bedrohungen betrifft, ist die Terrorbedrohung in der Schweiz nach wie vor erhöht. Allerdings haben der terroristische Grossangriff der Hamas auf Israel Anfang Oktober 2023 und die folgenden Kampfhandlungen diese akzentuiert. Insbesondere die Propaganda des «Islamischen Staats» hat die Entstehung von Netzwerken von Sympathisantinnen und Sympathisanten in der Schweiz begünstigt, verstärkt bei jungen Erwachsenen oder sogar Minderjährigen. Spontane Gewaltakte mit einfachen Mitteln, verübt von dschihadistisch inspirierten Einzeltäterinnen und -tätern oder Kleingruppen, bleiben das wahrscheinlichste Bedrohungsszenario in der Schweiz. Allerdings sind auch Grossveranstaltungen beziehungsweise publikumswirksame Anlässe für Dschihadisten attraktive Gelegenheiten, um Anschlagsabsichten umzusetzen. Dies gilt auch für die Schweiz.

Im Bereich des gewalttätigen Extremismus erhöht sich in Europa und in der Schweiz das Risiko, dass gewalttätige linksextremistische Kreise gezielte Gewalt gegen Personen einsetzen oder sogar Terroranschläge verüben. Die Bedrohung durch rechtsextremistisch motivierten Terror in Europa nimmt weiter zu. So gab es auch in der Schweiz mehrere Fälle sehr junger Personen, die bereit waren, einen Terrorakt zu begehen.

Die Bedrohung der Schweiz durch Spionage ist nach wie vor hoch. Ein erheblicher Teil der Aktivitäten ausländischer Nachrichtendienste auf Schweizer Boden richtet sich in erster Linie gegen die jeweils eigenen Rivalen. Aber auch schweizerische Entitäten sind direkt von Spionageversuchen betroffen. Zu den ständigen Zielen gehört die Ausforschung von Bundesbehörden. Inhaltlich sind aktuell wahrscheinlich die Beschaffung von Rüstungstechnologien und die Beziehungen der Schweiz zur EU und zur Nato von Interesse. Nachrichtendienstliche Netzwerke werden weltweit nicht nur für Spionage gebraucht. Teile davon dienen auch der illegalen Beschaffung kritischer beziehungsweise sanktionierter Güter, der Verbreitung von Desinformation und Propaganda, der verdeckten Einflussnahme sowie der Vorbereitung und Durchführung von Entführungen, Sabotage und Attentaten.


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