Digitalisierung unterschätzt Persönlichkeitsschutz, Öffentlichkeitsprinzip und Rechtsstaat

Bern, 25.06.2024 - In seinem aktuellen Tätigkeitsbericht stellt der Beauftragte fest, dass die Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes, des Öffentlichkeitsprinzips und des Rechtsstaates oft unterschätzt werden und so erst spät in die Planung von Vorhaben der digitalen Transformation einfliessen. Dies führt zu Verzögerungen, die vermeidbar wären.

Dem Beauftragten wird in seiner Aufsichtstätigkeit zunehmend entgegengehalten, dass Vorhaben der digitalen Transformation dem aktuellen technologischen Stand entsprächen und deshalb weder besonderer Begründungen noch zweck- und umfangmässiger Beschränkungen bedürften. Unzureichend begründete Eingriffe in die Persönlichkeit der Betroffenen können aber zu Projektverzögerungen führen:

  • So bei der Einführung eines Registers der wirtschaftlich berechtigten Personen von juristischen Personen zur Kriminalitätsbekämpfung: Der EDÖB hat die Verwaltung vergeblich dazu angehalten, im Gesetz die Zwecke des Registers abschliessend zu formulieren sowie in der Botschaft an das Parlament die zahlreichen Online-Zugriffe von Behörden auf das Register mit der nötigen Klarheit zu begründen. Angesichts der spärlich begründeten Eingriffe in die Persönlichkeit der Registrierten, drohen dem Vorhaben in den parlamentarischen Beratungen Verzögerungen.

  • Ähnlich verhält es sich bei der geplanten nationalen Verknüpfung der kantonalen Polizeisysteme über eine mit Bundesbeteiligung betriebene Abfrageplattform: Trotz der Dringlichkeit des Vorhabens ist bis heute offengeblieben, worin die Beteiligung des Bundes bestehen soll und welche Infrastrukturen er für kantonale Aufgaben bereitzustellen gedenkt, auf welche Bürgerdaten der Kantone die Polizeiorgane des Bundes zugreifen sollen und wann der Bund welche Rechtssetzungsvorhaben einzuleiten plant. Der Beauftragte erwartet vom Bund eine Projektplanung, welche die rechtstaatlichen Implikationen und Risiken des Gesamtvorhabens für den Persönlichkeitsschutz der Schweizer Bevölkerung abschätzbar macht. Ohne baldige Klärung dieser Grundsatzfragen, könnte sich auch die Realisierung dieses Projekts verzögern.

  • Vermeidbare Verzögerungen erfahren auch digitale Vorhaben privater Unternehmen. So hat der US-Konzern Meta kürzlich ankündigt, zwecks Trainings künstlicher Intelligenz bald auf die Daten der erwachsenen Nutzerinnen und Nutzer zu greifen. Anstatt die Auswirkungen auf die Persönlichkeit seiner Kunden rechtzeitig ausreichend zu berücksichtigen, musste Meta sein Vorhaben in der EU, dem EWR und - wie gegenüber dem EDÖB ausdrücklich bestätigt – inzwischen auch in der Schweiz wieder fallen lassen.

Öffentlichkeitsprinzip

Verbesserungsbedarf stellt der Beauftragte in der Bundesverwaltung auch bei der Erstellung und digitalen Verwaltung amtlicher Dokumente fest: Um die im aktuellen Berichtsjahr weiter ansteigende Anzahl von Zugangsgesuche nach dem Öffentlichkeitsgesetz zeitgerecht zu bewältigen, müssen sich die Bundesbehörden in die Lage versetzen, solche Dokumente vermehrt mit einfachen elektronischen Vorgängen zugänglich zu machen und gegebenenfalls darin enthaltene Inhalte automatisiert zu schwärzen.  
In Teilen der Bundesverwaltung setzten sich zudem auch in der aktuellen Berichtsperiode Bestrebungen fort, Behördentätigkeiten ganz oder teilweise vom Anwendungsbereich des Öffentlichkeitsgesetzes auszunehmen und den vom Gros der Bundesangestellten gelebten Paradigmenwechsel vom Geheimhaltungs- zum Öffentlichkeitsprinzip durch bürokratische Erschwernisse zu gefährden.


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Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB), Tel. +41 58 462 99 31, info@edoeb.admin.ch



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