Botschaft ans
Parlament bis 2006
Bern, 15.09.2004. Der Bundesrat hat am Mittwoch das EJPD beauftragt, bis
2006 eine Botschaft zur Schaffung einer einheitlichen schweizerischen
Zivilprozessordnung auszuarbeiten. Der Vorentwurf einer Expertenkommission ist
in der Vernehmlassung sehr gut aufgenommen worden. Ein grosses Anliegen der
Kantone ist die Kostenneutralität der
Revision.
Die zukünftige schweizerische Zivilprozessordnung, die 26 kantonale Zivilprozessgesetze ersetzen soll, ist grundsätzlich unbestritten. Die rund 100 Stellungnahmen begrüssen die Vereinheitlichung einhellig. Insbesondere die Kantone bestätigen das grosse Bedürfnis nach Rechtseinheit, obwohl sie auf eine wichtige Gesetzgebungskompetenz zu verzichten haben. Betont wird die zentrale Bedeutung einheitlichen Rechts für den Wirtschaftsraum Schweiz.
Erneuerung wird
befürwortet
Die Vernehmlassungsteilnehmer befürworten das konservative Konzept, wonach die kantonale Prozessrechtstradition weitgehend fortgesetzt und mit punktuellen Innovationen angereichert wird. Zustimmung findet insbesondere der Verzicht auf die Einführung der Sammelklage (class action) nach dem Vorbild des angelsächsischen Rechts. Die Integration des inhaltlich grundsätzlich unveränderten Gerichtsstandsgesetzes in die künftige Zivilprozessordnung wird begrüsst wie auch die vorgeschlagene Regelung der Schiedsgerichtsbarkeit.
Vielfältige
Detailkritik
Diese grundsätzliche Zustimmung ist begleitet durch eine vielfältige substanzielle und konstruktive Detailkritik.
- Kritisiert wird die überwiegende Schriftlichkeit des ordentlichen Prozesses. Das Verfahren werde zu aufwändig. Auch das vorgeschlagene vereinfachte Verfahren wird als noch zu komplex empfunden.
- Das Novenrecht, das regelt, bis wann eine Partei neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen darf, wird als zu restriktiv aufgefasst. So wird vorgeschlagen, dass Noven bis zum Schluss der Beweisaufnahme zuzulassen seien.
- Die Einbindung der Mediation geht einigen Vernehmlassern zu wenig weit. Sie sei als vollwertige Alternative zum gerichtlichen Schlichtungsversuch auszugestalten.
- Auch der Scheidungsprozess sei besser auf die Bedürfnisse der Praxis auszurichten. Vereinzelt wird die Schaffung von Familiengerichten gefordert.
- Das vorgeschlagene Rechtsmittelsystem wird begrüsst, zugleich aber eine Angleichung der verschiedenen Rechtsmittelfristen gefordert.
- Deutliche Ablehnung erfährt der Vorschlag, Entscheide eines Handelsgerichts auch innerkantonal anfechten zu können.
Kostenneutralität ist grosses Anliegen
Die Sorge der Kantone über allfällige Mehrkosten für die Justiz zieht sich wie ein roter Faden durch die Vernehmlassung. Dass sich die Vereinheitlichung kostenneutral gestaltet, ist daher ein vitales Anliegen. Eine grosse Mehrheit lehnt die Variante, wonach der Bund die Kostentarife festlegt, ab. Ebenfalls abgelehnt wird die vorgeschlagene paritätische Schlichtungsbehörde für arbeitsrechtliche Streitigkeiten. Im Hinblick auf befürchtete Mehrkosten hat auch das Anliegen eines sozialen Zivilprozesses einen schweren Stand. Die Berechtigung der kostenlosen Verfahren im Arbeits- und Mietrecht wird kontrovers diskutiert; ebenso der vorgeschlagene Ausbau der unentgeltlichen Prozessführung. Aus Kostenüberlegungen wird auch die Pflicht zur schriftlichen Urteilsbegründung abgelehnt.
Weiteres
Vorgehen
Es ist damit zu rechnen, dass die Botschaft zur Schaffung einer
einheitlichen schweizerischen Zivilprozessordnung bis im Herbst 2006 dem
Parlament zugeleitet wird. Die parlamentarischen Beratungen werden
voraussichtlich bis 2008 dauern. Anschliessend muss den Kantonen eine
Anpassungsfrist eingeräumt werden, so dass die künftige schweizerische
Zivilprozessordnung im Jahr 2010 in Kraft treten
dürfte.
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