Landverkehrsabkommen Schweiz - EU: Verlagerungsbeschluss und flankierende Massnahmen des Bundesrates
MEDIENROHSTOFFLandverkehrsabkommen Schweiz - EU:Verlagerungsbeschluss und flankierende
Massnahmendes BundesratesKurzer ÜberblickDer Bundesrat erachtet das Landverkehrsabkommen
als grundlegende Voraussetzung für die Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene
und somit für den Schutz der Alpen. Denn nur im Rahmen einer mit Europa koordinierten
Verkehrspolitik kann das schweizerische Verlagerungsinstrumentarium überhaupt umgesetzt
werden.Um die Wirkung dieses Verlagerungskonzepts zu verstärken, will der Bundesrat
aber zusätzliche flankierende Massnahmen ergreifen. Mit marktwirtschaftlichen Instrumenten
sollen die Rahmenbedingungen für die Bahnen verbessert werden, so dass diese produktiver
und attraktiver werden. Die einzelnen Massnahmen setzen auf Schiene und Strasse
an.Der Bundesrat legt dazu einen Verlagerungsbeschluss vor, der Etappenziele auf
dem Weg zur Erfüllung des Alpenschutzartikels fixiert und die für die Übergangszeit
nötigen finanziellen Mittel sichert. Die flankierenden Massnahmen kosten im Zeitraum
2001 bis 2010 pro Jahr durchschnittlich rund 225 Millionen Franken. Das sind rund
100 Millionen mehr als heute.Mit den fünf Pfeilern Landverkehrsabkommen, LSVA, NEAT,
Bahnreform und flankierende Massnahmen kann das Verkehrswachstum auf den alpenquerenden
Strassen bis 2004 bereits gebremst werden. Ab 2005 und verstärkt mit der Inbetriebnahme
des Lötschberg-Basistunnels wird das Verkehrsaufkommen zu sinken beginnen. Ab 2008
soll das heutige Niveau unterschritten werden.Mit dem Landverkehrsabkommen kann
die Schweiz Ziele und Instrumente ihrer Verlagerungspolitik gegenüber Europa absichern
und in die Tat umsetzen. Mit einem Verlagerungsbeschluss will der Bundesrat nun
die Umlagerung von möglichst viel alpenquerendem Güterverkehr von der Strasse auf
die Schiene verstärken. Dieser allgemeinverbindliche Bundesbeschluss schafft die
Grundlage und sichert die finanziellen Mittel für ein Paket von flankierenden Massnahmen,
so dass die Verlagerung bereits in der Übergangsphase bis 2005 bzw. bis zur Inbetriebnahme
des Lötschberg-Basistunnels zu greifen beginnt.Der Güterverkehr auf dem schweizerischen
und europäischen Strassennetz wächst. Die bisherigen verkehrspolitischen Instrumente
der Schweiz, die 28-Tonnen-Limite und die pauschale Schwerverkehrsabgabe, haben
diese Entwicklung nicht verhindern können. Die Wachstumszahlen des alpenquerenden
Strassengüterverkehrs seit 1981 sprechen eine klare Sprache: Verdoppelung der Lastwagenfahrten
über den Brenner, Verzweieinhalbfachung über Fréjus und Mont Blanc, aber beinahe
Vervierfachung über Gotthard, Simplon, San Bernardino und Grosser St. Bernhard -
und dies trotz 28-Tonnen-Limite.Das Ziel: Möglichst viel alpenquerenden Strassengüterverkehr
auf die Schiene verlagernDie wesentlichsten Pfeiler zur Erfüllung des Verlagerungszieles
gemäss Alpenschutzartikel (BV Art. 36sexies) sind 1998 verankert worden:- Die Einführung
der flächendeckenden leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA);- Die Modernisierung
der Bahninfrastruktur, insbesondere der Bau der beiden neuen NEAT-Basistunnel
an Gotthard und Lötschberg;- Die Bahnreform, in Kraft getreten am 1.1.1999.Das Landverkehrsabkommen
sichert die Ziele und Instrumente unserer Verkehrspolitik gegenüber Europa abDie
Verlagerung von der Strasse auf die Schiene kann die Schweiz jedoch nicht im Alleingang
erreichen. Denn ein grosser Teil des alpenquerenden Strassengüterverkehrs ist internationaler
Verkehr. Es braucht deshalb eine koordinierte Politik im Alpenraum. Diese Koordination
sichert das bilaterale Landverkehrsabkommen mit der Europäischen Union.Die Schweiz
ersetzt die 28-t-Limite 2001 durch die 34-t- und 2005 durch die 40-t-Limite. Kompensiert
wird dies durch die Einführung der LSVA, was den Transitpreis schrittweise auf 200
EURO (325 bis 330 Franken) erhöht. Das ist 13mal mehr als die heutige pauschale
Schwerverkehrsabgabe von maximal 25 Franken. Bereits ab 2001 zahlt ein 34-Tönner
6-8mal mehr als heute.Mit dem Landverkehrsabkommen anerkennt die EU ausdrücklich
den Verlagerungsgrundsatz der schweizerischen Verkehrspolitik und unsere Instrumente
zur Erreichung dieses Ziels, insbesondere die LSVA.Ohne dieses Abkommen wäre die
Umsetzung unserer Verkehrspolitik dagegen ernsthaft in Frage gestellt: Wir könnten
die LSVA bei Weiterführung der 28-t-Limite nicht im vorgesehenen Umfang einführen,
weil wir sonst mit Retorsionsmassnahmen der EU rechnen müssten; die Finanzierung
der Bahnmodernisierung (Bau der NEAT v.a.) wäre nicht mehr gesichert, und der freie
Zugang unserer Bahnen zu den Schienennetzen Europas bliebe unsicher.Der Bundesrat
schlägt einen Verlagerungsbeschluss vorLandverkehrsabkommen, LSVA, Modernisierung
der Bahn und Bahnreform sind die vier Hauptpfeiler zur Umsetzung des Alpenschutzartikels.
Diese Pfeiler erbringen ihren vollen Nutzen allerdings erst sukzessive; insbesondere
die NEAT wird erst im Zeitraum ab 2006 bis 2012 in Betrieb gehen.Deshalb braucht
es zusätzliche Massnahmen, um die Verlagerung bereits in dieser Übergangsphase bis
zur Erhebung der vollen LSVA und bis zur Inbetriebnahme der beiden NEAT-Basistunnel
(Lötschberg ca. 2006/2007, Gotthard ca. 2012) nachhaltig zu unterstützen.Zu diesem
Zweck schlägt der Bundesrat einen Bundesbeschluss zur Verlagerung von alpenquerendem
Güterschwerverkehr auf die Schiene (Verlagerungsbeschluss) vor.Die wichtigsten Punkte
dieses Verlagerungsbeschlusses sind folgende:- Bis 2004 sollen der Trend des Verkehrswachstums
gebrochen und das Verkehrsaufkommen auf 1,2 bis 1,5 Millionen alpenquerende Fahrten
pro Jahr stabilisiert werden.- Ab 2005 soll der Verkehr dank der höheren Strassenfiskalität
und der Inbetriebnahme des Lötschberg-Basistunnels (2006/2007) sukzessive zurückgehen.
Im Jahr 2008 werden noch 0,7 bis 1 Million alpenquerende Lkw- Fahrten (ca. 20 -
45% weniger als heute) angestrebt.- Der Bundesrat trifft flankierende Massnahmen,
die zur Erreichung der Verlagerungsziele beitragen.- Zur Förderung des Schienengüterverkehrs
wird ein Zahlungsrahmen beantragt.- Falls das Verlagerungsziel nicht erreicht wird,
hat der Bundesrat den Auftrag, dem Parlament gegebenenfalls zusätzliche Massnahmen
vorzuschlagen.Der Verlagerungsbeschluss ist allgemeinverbindlich, befristet und
untersteht dem fakultativen Referendum. Er wird von einem Ausführungsgesetz zum
Alpenschutzartikel abgelöst, für das der Bundesrat dem Parlament spätestens 2006
die Botschaft vorzulegen hat.Die flankierenden Massnahmen im EinzelnenDie Verlagerung
auf die Schiene lässt sich nicht "verordnen". Deshalb handelt es sich bei den flankierenden
Massnahmen nicht um Zwangsmassnahmen, sondern um marktwirtschaftliche Instrumente
zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Bahnen, so dass diese ihre Produktivität
steigern können.Die flankierenden Massnahmen haben eine vierfache Stossrichtung:-
Konsequentere Durchsetzung der Vorschriften auf Seiten der Strasse;- Bessere Rahmenbedingungen
für die Bahnen;- Produktivitätssteigerungen der Bahnen;- Verstärkung der Verlagerung
während der Übergangszeit bis 2005 bzw. bis zur Inbetriebnahme des ersten NEAT-Basistunnels.Strassenseitige
Rahmenbedingungen- Mehr Schwerverkehrskontrollen: Die Strassenverkehrsvorschriften
wie beispielsweise Lenk- und Ruhezeiten, Höchstgewicht oder Höchstgeschwindigkeit
sollen künftig konsequent durchgesetzt werden. Dazu müssen die Kontrollen des
Schwerverkehrs durch die kantonalen Polizeikorps intensiviert werden. Jenen Kantonen,
denen durch die zusätzlichen Kontrollen spezielle Kosten entstehen, kann ein finanzieller
Beitrag aus den Kontingentserträgen und aus dem Kantonsdrittel der LSVA-Einnahmen
zur Verfügung gestellt werden.- Mindestgeschwindigkeiten: Der Bundesrat kann auf
Autobahnabschnitten mit starker Steigung bzw. grossem Gefälle für Lastwagen Mindestgeschwindigkeiten
erlassen, damit die Sicherheit aller Strassenverkehrsteilnehmer gewährleistet
ist.- 40-t-Kontingente für Schweizer Transporteure: Bei der Verteilung der Kontingente
für 40-Tonnen- sowie für Leer- und Leichtfahrten an Schweizer Transporteure
befolgt der Bundesrat den Grundsatz, dass die schweizerischen Fuhrunternehmer
im Import-/Exportverkehr gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten ihren Marktanteil
halten und im Transitverkehr ihren Anteil erhöhen können. Somit sollen die Schweizer
Transporteure 2001/2002 150'000 40-t- Kontingente (EU-Transporteure 300'000) und
2003/2004 200'000 (EU- Transporteure 400'000) erhalten. Vergünstigte Leer- und
Leichtfahrten bekommen die Schweizer Transporteure 22'000 (EU-Transporteure 220'000).
Die Schweizer 40-t-Kontingente sind im Transit-, Import-/Export- und Binnenverkehr
einsetzbar, die vergünstigten Leer- und Leichtfahrtenkontingente (auch jene der
EU) ausschliesslich im Transitverkehr.Bahnseitige Rahmenbedingungen- Verbilligung
der Trassenpreise: Die Abgeltungen für den kombinierten Verkehr werden neu gestaltet,
damit auch dort der Wettbewerb zwischen den einzelnen Anbietern wirken kann. Aus
diesem Grund soll in Zukunft ein Teil der Beiträge des Bundes an den kombinierten
Verkehr neu zur Verbilligung der Trassenpreise (ca. Halbierung) eingesetzt werden.
Mit dem andern Teil der Beiträge will der Bund zusätzliche Angebote im kombinierten
Verkehr bestellen und abgelten.- Finanzielle Beteiligung an Terminals im Ausland:
Der Bund will sich am Bau zusätzlicher Umschlagterminals im Ausland für den kombinierten
Verkehr beteiligen, damit bestehende oder drohende Engpässe möglichst rasch behoben
werden können. Dazu sollen die Mehrjahresprogramme 1999-2003 und 2003- 2007 um
120 bzw. 60 Millionen Franken aufgestockt werden. Diese Mittel werden jedoch nur
für Umschlaganlagen eingesetzt, welche klar definierte Kriterien bezüglich Zugang,
Effizienz und Nutzen für die Schweiz erfüllen.- Erleichterungen für den Vor- und
Nachlauf des UKV: Der strassenseitige Vor- und Nachlauf des unbegleiteten kombinierten
Verkehrs (UKV) soll zur Hälfte von der LSVA befreit werden. Damit kann der UKV
maximal gefördert werden. Parallel dazu wird die heutige Radialzonenregelung gelockert:
Nicht nur Unternehmungen im Umkreis von 30 km um einen Terminal, sondern sämtliche
schweizerische Firmen sollen die Umschlagbahnhöfe mit dem auf der Bahn transportierten
Gewicht anfahren können. Auch diese Massnahme fördert den Umstieg vom Strassentransport
auf den kombinierten Verkehr.- Internationale Koordination: Weil die Verlagerung
nur im internationalen Rahmen erreicht werden kann, wird sich der Bund in allen
zuständigen internationalen Gremien für die koordinierte Förderung des Schienengüterverkehrs
einsetzen.- Lötschberg-Basistunnel beschleunigen: Damit die maximale Fiskalität
von 200 EURO möglichst frühzeitig erhoben werden kann, setzt der Bundesrat alles
daran, den Lötschberg-Basistunnel rasch zu realisieren. Dazu sind beispielsweise
die Bewilligungsverfahren so zügig als möglich abzuwickeln.Produktivitätssteigerungen
der Bahnen- Produktivitätssteigerungen bei der Schieneninfrastruktur: Der Bund als
Eigentümer der SBB AG schreibt der Division Infrastruktur der Bundesbahnen vor,
die Infrastrukturkosten pro durchfahrenden Zug bis 2002 um jährlich mindestens
5% zu senken. Der BLS sollen bei der Bestellung der Transit- Infrastruktur vergleichbare
Vorgaben gemacht werden.- Produktivitätssteigerungen beim Betrieb: Auch der Bahnbetrieb
soll seine Produktivität erhöhen. Der Bund als Eigentümer gibt der Division Güterverkehr
der SBB deshalb eine jährliche Produktivitätssteigerung von mindestens 5% vor.-
Unterstützung des Projekts KLV-CH: Schweizerische Unternehmungen der Transportbranche
haben zur Förderung des kombinierten Verkehrs das Projekt Kombinierter Ladungsverkehr
Schweiz (KLV-CH) lanciert. Sollte sich dieses Projekt als realisierbar erweisen,
so können die Betreiber von den Trassenpreisverbilligungen profitieren.Beschleunigte
Verlagerung in der Übergangsphase- Höhere Betriebsbeiträge an den Schienengüterverkehr:
Um bereits in der Übergangsphase den Wachstumstrend im alpenquerenden Strassengüterverkehr
zu brechen und die Verlagerung auf die Schiene zu beschleunigen, hat der Bundesrat
schon im Herbst 1997 beschlossen, die jährlichen Betriebsbeiträge an den kombinierten
Verkehr von heute 125 Millionen auf maximal 200 Millionen Franken zu erhöhen (neu
für Trassenpreisverbilligungen und Bestellungen/Abgeltungen von Angeboten des
kombinierten Verkehrs). So können die Angebote im kombinierten Verkehr kurzfristig
erweitert werden. Die dazu nötigen finanziellen Mittel stammen vorwiegend aus
Mineralölsteuererträgen und aus den Erträgen der in der Übergangszeit gewährten
40-t-Kontingente. Sie werden mit dem Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen für
die Förderung des Schienengüterverkehrs für die Jahre 2001 bis 2010 sichergestellt.Vorderhand
keine ATADer Bundesrat verzichtet vorderhand auf eine Alpentransitabgabe (ATA).
Denn gemäss Landverkehrsabkommen müsste bei ihrer Erhebung die flächendeckende LSVA
im gleichen Ausmass reduziert werden. Dies würde jedoch die Konkurrenzfähigkeit
der Bahn im nicht-alpenquerenden Binnen-, Import- und Exportverkehr verschlechtern.
Im Hinblick auf die fiskalische Schutzklausel des Landverkehrsabkommens sieht der
Bundesrat aber vor, im Ausführungsgesetz zum Alpenschutzartikel eine Rechtsgrundlage
zur Einführung einer ATA zu schaffen.Die Kosten der flankierenden MassnahmenDie
Gesamtkosten der flankierenden Massnahmen betragen im Zeitraum von 2001 bis 2010
rund 2,260 Milliarden Franken oder durchschnittlich rund 225 Millionen Franken pro
Jahr. Das entspricht gegenüber heute einem jährlichen Mehrbedarf von rund 100 Millionen
Franken:(Tabelle: leider nicht anzeigbar)Die Auswirkungen des Landverkehrsabkommen
und der flankierenden MassnahmenDer Bundesrat geht davon aus, dass mit all diesen
Massnahmen mittelfristig das Verlagerungsziel von maximal rund 650‘000 alpenquerenden
Lastwagenfahrten jährlich erreicht werden kann:(Tabelle: leider nicht anzeigbar)Die
Tabelle zeigt Folgendes:- Die Bahnen können in Zukunft im alpenquerenden Verkehr
erheblich mehr Güter transportieren.- In der Übergangsphase bis Ende 2004 genügt
diese Leistungssteigerung der Bahnen allerdings kaum, um das allgemeine Verkehrswachstum
sowie den bisherigen Umwegverkehr, der wegen der 34-t-Limite und den 40-t-Kontingenten
teilweise wieder via Schweiz (statt via Frankreich und Österreich) fahren wird,
auszugleichen. Deshalb ist während dieser Zeit eine leichte Zunahme des alpenquerenden
Strassengüterverkehrs nicht zu vermeiden, doch kann immerhin der Wachstumstrend
reduziert werden.- Ab 2005 bzw. ab Inbetriebnahme des Lötschberg-Basistunnels beginnt
die Anzahl Lastwagenfahrten über die Alpen zu sinken.- Ab 2008 wird die Anzahl
der alpenquerenden Lastwagen-Fahrten unter das heutige Niveau von 1,235 Millionen
(1998) sinken - trotz weiterem Verkehrswachstum und Rücknahme von bisherigem Umwegverkehr
über Frankreich und Österreich.Zum Vergleich: Bei Beibehaltung des heutigen Instrumentariums
- 28-t-Limite und pauschale Schwerverkehrsabgabe - würde der alpenquerende Strassengüterverkehr
ungebremst weiter wachsen und bereits 2007 rund 1,6 Millionen Lkw-Fahrten betragen.Die
Eröffnung des Gotthard-Basistunnels (ca. im Jahr 2012) wird den Verlagerungseffekt
weiter verstärken.Bern, 15. März 1999Eidgenössisches Departement fürUmwelt, Verkehr,
Energie und KommunikationPressedienst