Schweizer Umweltpolitik auf dem Prüfstand
MEDIENMITTEILUNG Umweltperformance-Prüfung durch die OECDSchweizerische Umweltpolitik
auf dem PrüfstandErstmals hat die OECD für die Schweiz eine Umweltperformance-Prüfung
durchgeführt. Am 19. Oktober 1998 wurde der Bericht in Bern vorgestellt. Vorab in
den Bereichen Luftreinhaltung und Gewässerschutzattestiert die OECD der Schweiz
beachtliche Erfolge. Die Verkehrspolitik wird sogar als Modell fürandere OECD-Staaten
gepriesen. Als Schwachstellen kritisiert werden der grosse Verlust an Naturräumen
sowie der damit verbundene Artenschwund. Die Empfehlungen der Expertengruppe bilden
eine wertvolle Grundlage für die künftige Gestaltung der schweizerischen Umweltpolitik.
Seit 1992 führt die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit
(OECD) in ihren Mitgliedländern Umweltperformance-Prüfungen durch. Nun liegt ein
entsprechender Bericht erstmals auch für die Schweiz vor. Es handelt sich nicht
um einen Zustandsbericht, sondern um eine Prüfung der Wirksamkeit und Effizienz
umweltpolitischer Massnahmen durch eine Institution, die an der Schnittstelle zwischen
Ökonomie und Ökologie über besonderes Know-how verfügt. Die Prüfung beschränkt sich
nicht auf staatliche Stellen, sondern beurteilt den Leistungsausweis eines Landes
als Ganzes.Grosser Handlungsbedarf im "grünen" UmweltschutzDen grössten Handlungsbedarf
ortet die OECD für die Schweiz im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes. Zersiedelung
und intensive Landwirtschaft haben zu grossen Verlusten an Naturräumen und zu einem
entsprechend starken Artenschwund geführt. Hinsichtlich der Anzahl bedrohter Tier-
und Pflanzenarten (Biodiversität) liegt die Schweiz in der unrühmlichen Spitzengruppe
der OECD-Staaten. Um dieses Problem zu entschärfen müssen nach Ansicht der OECD
Naturschutz-Anliegen in der Landwirtschaftspolitik, der Raumplanung und der Infrastrukturplanung
mehr Gewicht erhalten. Soll das zu diesem Zweck geschaffene Landschaftskonzept Schweiz
(LKS) erfolgreich sein, bedarf es laut OECD messbarer Zielbestimmungen und einer
griffigen Erfolgskontrolle. Auch die Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik dürfte
zu einer Verminderung der schädlichen Umweltauswirkungen führen.Im Bereich Naturschutz
empfiehlt die OECD der Schweiz folgende Neuorientierung:- stärkerer und frühzeitiger
Einbezug von Anliegen des Naturschutzes in die Infrastrukturplanung, Raumplanung
und Regionalpolitik; - Stärkung der Partnerschaft zwischen Behörden aller Stufen,
Wirtschaft und Wissenschaft im Hinblick auf die Entwicklung und Umsetzung von
Massnahmen zur Erhaltung der Artenvielfalt;- Gewährleistung ausreichender Finanzmittel,
beispielsweise für eine dynamischere Schutzzonenpolitik und die Schaffung ökologischer
Vernetzungen. Mehrheitlich gute Noten für den technischen UmweltschutzDer Prüfbericht
der OECD attestiert der Schweiz beachtliche Erfolge in den Bereichen Luftreinhaltung,
Gewässerschutz, Abfallbewirtschaftung und Lärmschutz. Der schweizerischen Verkehrspolitik
wird eingeräumt, dass sie gleichsam als Modell für andere OECD-Staaten dienen könne.Im
Bereich des technischen Umweltschutzes empfiehlt das OECD-Expertenteam der Schweiz:-
verstärkte Zusammenarbeit auf allen Verwaltungsebenen, um die Belange der Luftreinhaltung
und des Lärmschutzes in die Verkehrs-, Energie-, Raumplanungs- und Steuerpolitik
zu integrieren- Sicherung der Finanzierung (z.B. Unterhalt der Kanalisationsnetze
und Kläranlagen)- Beschleunigung der Bestandesaufnahme und Sanierung von AltlastenWeiterentwicklung
der neuen AnsätzeDas Expertenteam der OECD lobt die Neuausrichtung der Umweltpolitik,
die auf eine verstärkte Kombination von umweltrechtlichen Instrumenten setzt. Nach
Ansicht der OECD sind in der Schweiz jedoch die dazu erforderlichen wirtschaftlichen
Analysen und Evaluationen, einschliesslich statistischer Daten, noch wenig entwickelt.Die
wichtigsten Handlungsempfehlungen der OECD zu dieser Neuausrichtung sind:- Umsetzung
des Verursacherprinzips und Verringerung von umweltschädigenden Subventionen (z.B.
ökologische Steuerreform, Abwassergebühren, Erhöhung der Abgaben auf Treibstoffen);-
Umsetzung des Kooperationsprinzips (freiwillige Vereinbarungen mit der Wirtschaft,
verstärkte Kooperation auf allen Verwaltungsebenen sowie vermehrte Beteiligung
der Öffentlichkeit);- Förderung des Resultate-Monitorings und Prüfung der Kosteneffizienz
von Umweltmassnahmen.Aussergewöhnliche Ergebnisse im internationalen VergleichAls
aussergewöhnlich beurteilt die OECD die Resultate der Schweiz im internationalen
Umweltschutz. Diese Beurteilung basiert vor allem auf den erfolgreichen Massnahmen,
welche die Schweiz zur Verminderung ozonschichtzerstörender Stoffe, zur Reduktion
der NOx- und SOx-Emissionen sowie zum Schutz der Gewässer getroffen hat. Der Einsatz
zugunsten verpflichtender Umwelt- und Sozialbestimmungen im Bereich des internationalen
Handels wird ebenfalls gewürdigt. Handlungsbedarf macht die OECD hingegen bei der
Kontrolle chemischer Substanzen aus, wo die schweizerische Gesetzgebung in Einklang
mit internationalen Empfehlungen zu bringen ist. Ferner wäre eine Erhöhung des relativ
geringen Umweltbudgets in der Entwicklungszusammenarbeit angezeigt. Bern, 19. Oktober
1998BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFTInformationsdienstAuskunftStefan Schwager,
stv. Leiter der Abteilung Internationales, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft
(BUWAL), Tel. 031 322 99 73BeilageSchlussfolgerungen und EmpfehlungenZur Methodik
der OECD UmweltperformanceFür die Umweltperformance wurden ungezählte Informationen
aus amtlichen Veröffentlichungen, internen Berichten und weiteren Quellen ausgewertet.
Während ihrer Schweizer Mission vom September 1997 führten die OECD-Experten zu
allen Bereichen der Umweltpolitik Gespräche mit zahlreichen Bundesämtern, Parlamentariern
und Parlamentarierinnen, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, Umweltorganisationen
und Wissenschaftsvertretern. Je einen Tag verbrachten sie in den Kantonen Zürich
und Waadt, um sich vor Ort über die Beziehungen zwischen Bund und Kantonen sowie
die jeweilige Umweltpolitik ins Bild zu setzen.Liste der beteiligten Amtsstellen
und Nicht-RegierungskreiseEDA Politische Abteilung V Direktion für Entwicklungszusammenarbeit Direktion
für VölkerrechtEDI Bundesamt für Statistik Bundesamt für GesundheitEFD Eidgenössische
FinanzverwaltungEJPD Bundesamt für Raumplanung Bundesamt für Justiz Bundesamt für
PolizeiwesenEVD Bundesamt für Aussenwirtschaft Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit Bundesamt
für LandwirtschaftUVEK Bundesamt für Verkehr Bundesamt für Energie Bundesamt für
Umwelt, Wald und Landschaft Bundesamt für Wasserwirtschaft Dienst für GesamtverkehrKantone: Zürich
und WaadtWirtschaft: Vorort des schweizerischen Industrie- und Handelsvereins und
diverse seiner MitgliedsverbändeGewerkschaften: Christlich Nationaler GewerkschaftsbundUmweltschutzorganisationen:
Kontaktstelle Umwelt (Pro Natura, Schweizerische Gesellschaft für Umweltschutz,
VCS, WWF Schweiz)Wissenschaft: Schwerpunktprogramm Umwelt; IDHEAP, LausanneDokumentationDer
rund 230-seitige OECD-Bericht zur Umweltperformance der Schweiz ist ab 19. Oktober
in deutscher, französischer und englischer Sprache erhältlich. Die Schlussfolgerungen
und Empfehlungen liegen auch auf Italienisch vor. Der Bericht enthält eine 15 seitige
Zusammenfassung der Schlussfolgerungen sowie 58 Handlungsempfehlungen von unterschiedlichem
Konkretisierungsgrad.- Umwelt Performance Bericht, Schweiz, OECD, Paris 1998.- Examens
des Performances Environnementales, Suisse. OCDE, Paris 1998, ISBN 926426132X.-
Environmental Performance Reviews, Switzerland. OECD, Paris 1998, ISBN9264161325.-
Analisi delle prestazioni ambientali della Svizzera (conclusioni e raccomandazioni),
OCSE, Parigi 1998.