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CONFOEDERATIO HELVETICA
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft

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S T A A T S R E C H N U N G 1 9 9 6

PRESSEROHSTOFF
S T A A T S R E C H N U N G  1 9 9 6
1		Das Wichtigste in Kürze

Das Defizit der Finanzrechnung hat sich gegenüber dem Vorjahr
konjunkturbedingt um 1,1 Milliarden verschlechtert. Es beläuft sich
auf 4,4 Milliarden, gut 300 Millionen mehr als budgetiert. Die
Schulden des Bundes sind auf 88 Milliarden geklettert, was rund einem
Viertel des Bruttoinlandproduktes entspricht. Sämtliche Kennzahlen
über die Finanzlage des Bundes haben sich weiter verschlechtert. Um
den Teufels-kreis der hohen Defizite, der steigenden Verschuldung und
eines ständig schrumpfenden Handlungsspielraums zu durchbrechen, will
der Bundesrat den Haushalt bis 2001 sanieren.

Die Rechnung 1996 ist gekennzeichnet durch einen starken Anstieg des
Defizits in der Finanzrechnung von 3,3 auf 4,4 Milliarden, durch
Mehrausgaben von 3,3 Milli-arden oder 8,2 Prozent und einer weiteren
Zunahme des Fehlbetrages um 5,6 auf 47,2 Milliarden. Der grösste Teil
des Ausgabensprunges entfällt auf die Sozialaus-gaben (+2,5 Mia),
insbesondere auf die Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Ein
überdurchschnittliches Wachstum verzeichnet auch der
Landwirtschaftsbereich (+406 Mio). Die Mehreinnahmen vermochten den
Ausgabenzuwachs nicht zu decken. Die Einnahmen liegen um 2,2
Milliarden oder um 5,9 Prozent über dem Vorjahresniveau.
 Verglichen mit dem Budget liegen die Abweichungen in engen Grenzen.
Nachtrags-krediten im Umfange von 1,7 Milliarden stehen Kreditreste
von 1,8 Milliarden gegen-über. Die Ausgaben sind damit um über 100
Millionen unter dem veranschlagten Wert geblie-ben. Umfangreicher
waren die Abweichungen bei den Einnahmen. Per Saldo liegen sie zwar
lediglich um 447 Millionen oder 1,1 Prozent unter den Erwar-tungen.
Dahinter verbergen sich jedoch gegenläufige Entwicklungen.
Beträchtliche Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer und bei
der Verrechnungs-steuer stehen Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer
und bei den Stempelabgaben ge-genüber.

Die Defizitentwicklung gibt zu Sorgen Anlass. Seit Jahren bewegen sich
die Ausgabenüberschüsse in der Grössenordnung von mehreren Milliarden.
Die kumulierten Defizite seit 1991 belaufen sich bereits auf 25
Milliarden, was zusätzliche Zinsaus-gaben von jährlich einer Milliarde
verursacht. Glücklicherweise profitiert der Bun-deshaushalt zur Zeit
von besonders günstigen Zinsverhältnissen. 1996 konnten die
Zinsausgaben trotz beträchtlicher Neuverschuldung unter das
Vorjahresniveau ge-drückt werden. Ein Anstieg des Zinsniveaus hätte
verheerende Folgen. Eine Satzer-höhung um lediglich einen Prozentpunkt
würde den Bundeshaushalt um eine halbe Milliarde zusätzlich belasten.
Die Defizitquote des Bundes liegt mit 1,2 Pro-zent deutlich über dem
Vorjahreswert. Auch wenn dieser Anstieg konjunkturell be-gründet
werden kann, ist dieser Ausgabenüberschuss nicht tragbar.
Die Erfolgsrechnung schliesst mit einem Aufwandüberschuss von 5,6
Milliarden ab. Der gegenüber der Finanzrechnung um 1,2 Milliarden
schlechtere Abschluss ist im wesentlichen auf den letztmals in der
Finanzrechnung verbuchten Einnahmenüber-schuss der Pensionskasse des
Bundes zurückführen. Die übrigen buchmässigen Abgrenzungsposten wie
Aktivierungen und Abschreibungen halten sich in etwa die Waage.

2		Weshalb das Defizit höher als erwartet ausgefallen ist

Wurde dem Voranschlag 1996 noch ein Wirtschaftswachstum von zwei
Prozent unterstellt, haben sich die gesamtwirtschaftlichen Leistungen
im abgelaufenen Jahr um rund einen halben Prozentpunkt zurückgebildet.
Als grobe Faustregel gilt, dass ein um ein Prozent tieferes
Wirtschaftswachstum die Finanzrechnung des Bundes um rund 500
Millionen belastet. In dieser Zahl sind die finanziellen Auswirkungen
der Arbeitslosenversicherung noch nicht enthalten. Damit dürfte sich
das Ergebnis al-leine aus konjunkturellen Gründen um mehr als eine
Milliarde gegenüber dem Vor-anschlag verschlechtert haben. Zusammen
mit den wirtschaftlich bedingten zusätzli-chen Ausgaben für die
Arbeitslosenversicherung von rund 900 Millionen ergibt sich eine
zyklisch verursachte Belastung des Bundeshaushaltes von rund zwei
Mil-liarden.
Dass sich die Rechnung nicht in dieser Grössenordnung gegenüber dem
Voranschlag, sondern nur um rund 300 Millionen verschlechtert hat, ist
vor allem auf verschiedene nicht-konjunkturell bedingte Mehreinnahmen
und Minderausgaben zurückzuführen. Die über dem Voranschlag liegenden
Stempelabgaben, die nicht budgetierten Erlöse aus der
Verselbständigung der Swisscontrol und der höhere Einnahmenüberschuss
der Pensionskasse haben mit der konjunkturellen Entwick-lung nichts zu
tun. Diese Mehreinnahmen haben die Konjunkturabhängigkeit der
Einnahmen zu einem guten Teil überdeckt. Die wirtschaftlich bedingten
Mehraus-gaben für die Arbeitslosenversicherung wurden ihrerseits durch
verschiedene Kre-ditreste kompensiert. Alleine bei den Passivzinsen
konnten dank tieferem Zinsni-veau und einem straffen
Schuldenmanagement gegen-über dem Voranschlag über 500 Millionen
eingespart werden.
3	Schuldenentwicklung
Anhaltende Defizite mit einer entsprechenden jährlichen
Neuverschuldung sind nicht nur für Gesellschaft und Wirtschaft
schädlich. Eine solche Entwicklung engt auch den Handlungsspielraum
des Bundes immer mehr ein.
Aus dieser Sicht gibt die immer noch nicht gebro-chene Schuldendynamik
zu Besorgnis Anlass. 1996 erreichten die Bundesschulden gegen 90
Milliarden oder 25 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Sie haben sich
also seit 1990 mehr als verdoppelt.

4	Würdigung
Dank hoher Kreditreste und nicht budgetierter Einnahmen hat sich die
Verschlechte-rung der Haushaltslage in Grenzen gehalten. Ein
Defizitanstieg von 1,1 Milliarden muss nach sechs Jahren anhaltender
Ausgabenüberschüsse in Milliardenhöhe in-dessen zu Sorgen Anlass
geben, dies umsomehr, als die Haushaltslage wegen der letztmaligen
Vereinnahmung des Pensionskassenüberschusses und der Nichterfas-sung
der Tresoreriedarlehen der SBB geschönt wird. Erst 1997 wird die
Finanzrech-nung ein vollständiges Abbild der Finanzlage vermitteln.
Zwar stehen wir im Ver-gleich zum Ausland noch relativ gut da. Wir
liegen innerhalb der Maastrichter-Krite-rien. Bedenklich ist indessen
die Entwicklung. Ist es verschiedenen Ländern im OECD-Raum gelungen,
die Defizite auf ein Mass zu drücken, welches eine Stabili-sierung
oder gar eine Reduktion der Verschuldungsquote ermöglicht, weisen wir
immer noch eine Neuverschuldung auf, die die Verschuldung
selbstverstärkend weiter in die Höhe treibt.
Der Primärsaldo - eine Kennzahl um die Nachhaltigkeit der
Finanzpolitik zu beurteilen - ist beim Bund stark negativ. Um die
Verschuldungsquote zu stabilisieren, müsste dieser Saldo positiv sein.
Davon sind wir noch weit entfernt. Glücklicherweise profitiert die
Schweiz heute noch von äusserst günstigen Zinskonditionen.
Der Primärsaldo entspricht dem Rechnungssaldo ohne Berücksichtigung
der Zinsausgaben. Diese Ausklammerung schafft ein gegenwartsbezogenes
Defizitmass, weil der Einfluss frühe-rer Fehlbeträge beziehungsweise
der bestehenden Staatsschuld auf die aktuellen Ausgaben aus-geschaltet
wird. Er ist ein Gradmesser für den finanzpolitischen
Handlungsspielraum.
Ein Vergleich mit dem Ausland zeigt, dass es verschiedenen EU-Staaten
in den letzten Jahren gelungen ist, die Primärdefizite zu reduzieren
und in Primärüberschüsse umzuwandeln. In der EU werden die positiven
Primärsaldi für 1996 auf 0,2 Prozent des Bruttoinlandproduktes
geschätzt. Beim Bund dagegen weisen wir immer noch Primärdefizite auf:
1996 belief sich dieses auf 1,4 Milliarden oder 0,4 Prozent des
Bruttoinlandproduktes. Interessanterweise sind gerade hochverschuldete
Staa-ten wie Italien und Belgien daran, ihre Verschuldungsquoten
sukzessive zu reduzie-ren. Italien weist für 1996 einen
Primärüberschuss von schätzungsweise 2,8 Prozent des
Bruttoinlandproduktes auf - Belgien gar von 5,1 Prozent. Während wir
also un-sere verhältnismässig gute Verschuldungsposition von Jahr zu
Jahr verschlechtern, sind verschiedene EU-Staaten daran, ihren
finanzpolitischen Handlungsspielraum zu erweitern.
Um den Teufelskreis hoher Defizite, steigender Verschuldung und
schrumpfenden Handlungsspielraum zu durchbrechen, will der Bundesrat
den Haushalt bis 2001 sanieren. Die Einhaltung des Sanierungszieles
auf mittlere Frist ist für die Glaubwürdigkeit des finanzpolitischen
Kurses des Bundesrates entscheidend. Der Haus-haltsausgleich wird nur
gelingen, wenn auch der politische Wille vorhanden ist, die
eingeleiteten Reformen umzusetzen und dem Staat die Steuermittel
zuzugestehen, die er für eine effiziente Aufgabenerfüllung benötigt.
Umfangreiche Steuererleichte-rungen sind mit einer sozialverträglichen
Umsetzung der Sanierung nicht vereinbar. Gesunde Staatsfinanzen sind
nicht Selbstzweck, sondern Grundvoraussetzung für eine
wettbewerbsfähige Wirtschaft und eine entwicklungsfähige Gesellschaft,
mithin der Wohlfahrt der heutigen und künftigen Generationen.
EIDG. FINANZDEPARTEMENT
Presse- und Informationsdienst
24.4.1997

Anhang: Inhalt der Rechnungsbotschaft
Die Rechnungsbotschaft
… vermittelt auf den ersten 13 Seiten eine Übersicht sowie eine
Würdigung der Haus-haltentwicklung und
… enthält auf den anschliessenden rund 90 Seiten zusätzliche
Informationen über die Ausgaben und Einnahmen der Finanzrechnung, die
Erfolgsrechnung, Bilanz und Tre-sorerie sowie volkswirtschaftliche
Aspekte des Bundeshaushaltes.
Grafiken zu wichtigen Kennzahlen sowie zur Entwicklung der Ausgaben
und Einnahmen sollen die rasche Orientierung erleichtern. Die
beiliegende Broschüre «Bundesfinanzen in Kürze» fasst die wesentlichen
Gesichtspunkte der Staatsrech-nung zusammen. Über allge-meine Aspekte
der Rechnungsdarstellung und der Gliederung von Ausgaben und
Einnah-men orientiert das Kapitel «Allgemeine Erläu-terungen zum
Finanzhaushalt des Bundes» auf den Seiten 301 ff.  Dieses Kapitel
enthält auch ein Sachwortregister.